Die wahre Sabbatruhe, die den Segen Gottes empfing, in der der Herr von seinen Werken ausruhte und dank der Wirkungslosigkeit des Todes für das Heil der Welt den Sabbat feierte, ist bereits zu Ende. Sie hat ihre besondere Gnade den Augen, den Ohren und dem Herzen erzeigt. Was wir gesehen, was wir gehört, wodurch wir im Herzen frohen Mut gefaßt haben - durch dies alles haben wir die Feier begangen.

Denn was die Augen sahen, war Licht, das uns durch die Feuerwolke mittels der Fackeln in der Nacht vorangetragen wurde. Das Wort, das die ganze Nacht hindurch an unsere Ohren klang, in „Psalmen, Hymnen und geistlichen Liedern” (Eph 5,19), und das sich wie ein Freudenstrom durch das Ohr in die Seele ergoss, erfüllte uns mit den guten Hoffnungen. Das Herz, das sich an Wort und Anblick erfreute, nahm in sich das Bild der unaussprechlichen Seligkeit auf, durch die Erscheinungsbilder zum Unsichtbaren geleitet. - So sind die Werte dieser Ruhe ein Abbild jener Werte, die weder „ein Auge gesehen” noch „ein Ohr vernommen” und die nicht „in eines Menschen Herz gedrungen” sind (1 Kor 2,9). Sie enthalten in sich die Bürgschaft für die unaussprechliche Hoffnung auf das, was (uns) bereit liegt.

Nachdem nun diese leuchtende Nacht den Schein der Fackeln mit den Morgenstrahlen der Sonne vermählt und so einen zusammenhängenden Tag geschaffen hat, der nicht zerrissen ist durch die Einschiebung der Finsternis, lasst uns, Brüder, das Prophetenwort begreifen, das da lautet: „Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat” (Ps 1117,24). An diesem Tag obliegt nichts Schweres und Schwieriges, sondern Freude und Frohsinn und Jubel. Heißt es doch (weiter): „Lasst uns jubeln und fröhlich sein an ihm” (ebd.). Herrlicher Zustand! Süßes Gesetz! Wer säumt, solchen Aufforderungen zu folgen? Wer hielt selbst einen geringen Aufschub dieses Zustandes nicht für Nachteil? Frohsinn obliegt, und Jubel lautet das Gebot. Dadurch wird die Verurteilung wegen der Sünde aufgehoben und das Traurige in Freude verwandelt.

So lautet der Spruch der Weisheit: An einem Freudentag vergisst man das Böse. Dieser Tag ließ das erste Urteil wider uns vergessen, vielmehr aufheben, nicht (nur) vergessen. Denn er wischte jede Erinnerung an unsere Verurteilung gänzlich aus.

Damals erfolgte die Geburt unter Schmerzen, nun geschieht das Gebären ohne Wehen. Damals wurden wir als Fleisch vom Fleisch geboren, nun ist das Geborene Geist vom Geist. Damals wurden wir als Menschensöhne geboren, nun als Gotteskinder. Damals wurden wir vom Himmel auf die Erde fortgewiesen, nun hat der Himmlische auch uns himmlisch gemacht. Damals herrschte durch die Sünde der Tod, nun gelangt statt dessen durch das Leben die Gerechtigkeit zur Macht.
Einer war es damals, der dem Tod den Zutritt eröffnete, einer ist es nun ebenfalls, durch den dagegen das Leben Zutritt erhält.

Damals verloren wir durch den Tod das Leben, nun wird vom Leben der Tod vernichtet. Damals verbargen wir uns aus Scham unter dem Feigenbaum, nun nahen wir uns in Herrlichkeit dem Baum des Lebens. Damals wurden wir durch den Ungehorsam aus dem Paradies vertrieben, nun gelangen wir durch den Glauben ins Paradies. Wiederum ist uns die Frucht des Lebens zum Genuss, nach freier Entscheidung, dargeboten. Wiederum tränkt die Quelle des Paradieses, durch die Ströme des Evangeliums vierfach geteilt, das ganze Antlitz der Kirche, so dass sie auch die Furchen unserer Seele bewässert, die der Sämann des Wortes mit dem Pflug der Lehre zog, und die Früchte der Tugend sich mehren.

Was soll man nun angesichts dessen tun? Was sonst, als die prophetischen Berge und die Hügel in ihrem Hüpfen nachahmen? Denn „die Berge”, heißt es, „hüpften wie Widder, und die Hügel wie Lämmer von Schafen” (Ps 113,4).

„Kommt” also, „lasst uns zujubeln dem Herrn” (Ps 94,1), der die Macht des Feindes vernichtet und im Sturz des Widersachers das große Siegeszeichen des Kreuzes für uns aufgerichtet hat. „Erheben wir Kriegsgeschrei” (ebd). Das Kriegsgeschrei aber ist ein freudiger Siegesruf, von den Siegern wider die Unterlegenen erhoben. Da nun die Schlachtreihe des Feindes gefallen ist, weicht auch jener Machthaber über das schlimme Heer der bösen Geister selbst, er ist verschwunden und bereits ins Nichts versunken. Bekennen wir, dass Gott der große Herr und der große König über die ganze Erde es ist, der „den Kranz des Jahres” seiner „Güte” gesegnet (Ps 64,12) und uns zu diesem geistlichen Chor versammelt hat, in Christus Jesus, dem Herrn, dem die Ehre sei in Ewigkeit. Amen.

Gregor v. Nyssa Ostersonntagspredigt Übersetzung bearbeitet: Abtei Mariendonk