Gelassenheit

In meiner geistlichen Lesung las ich vor ein paar Tagen: „Wer auf seinem Lebensweg von der Zuversicht erfüllt ist, dass nichts uns von der Liebe Christi zu trennen vermag, der begrüßt jede neue Situation mit einer kindlichen Erwartung, die das diametrale Gegenteil von Angst und der Qual ist, die viele Menschen empfinden, wenn sie auf die Zukunft schauen.

 Ungeachtet dessen, wie unangenehm der äußere Anschein sein mag, besteht doch die Hoffnung, dass Gott auf verborgene Weise auch durch die seltsamen Ereignisse arbeitet, um Gutes zu bewirken. Damit wenden wir unser Vertrauen in die Vorsehung auf die einfachen Begebenheiten an, die unseren Alltag ausmachen.“

So kann jede Begegnung eine Schnittstelle zwischen mir und Gott sein, vermittelt durch Menschen, wie es in einem alten irischen Gedicht heißt.

„Christus im Herzen jedes Menschen, der an mich denkt.

Christus im Mund jedes Menschen, der zu mir spricht.

Christus in jedem Auge, das mich anschaut.

 Christus in jedem Ohr, das mich hört.“

  Zugegeben, das ist nicht immer leicht. Wir haben unsere Vorerfahrungen, unsere schlechten Erfahrungen, unsere Vorurteile, unsere Ängste oder auch Erwartungen, die uns lieb geworden sind und die wir nicht so leicht loslassen können.

Vielleicht kann uns dabei der Dekalog der Gelassenheit von Papst Johannes XXIII helfen:

1.      Nur für heute werde ich mich bemühen, den Tag zu erleben, ohne das Problem meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.

2.      Nur für heute werde ich die größte Sorge für mein Auftreten pflegen: vornehm in meinem Verhalten; ich werde niemanden kritisieren, ja, ich werde nicht danach streben, die anderen zu korrigieren oder zu verbessern… nur mich selbst.

3.      Nur für heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass ich für das Glück geschaffen bin  … nicht nur für die andere, sondern auch für diese Welt.

4.      Nur für heute werde ich mich an die Umstände anpassen, ohne zu verlangen, dass die Umstände sich an meine Wünsche anpassen.

5.      Nur für heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer guten Lektüre widmen;  wie die Nahrung für das Leben des Leibes notwendig ist, so ist die gute Lektüre notwendig für das Leben der Seele.

6.      Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen, und ich werde es niemand erzählen.

7.      Nur für heute werde ich etwas tun, das ich keine Lust habe zu tun; sollte ich mich in meinen Gedanken beleidigt fühlen, werde ich dafür sorgen, dass niemand es merkt.

8.      Nur für heute werde ich ein genaues Programm aufstellen. Vielleicht halte ich mich nicht genau daran, aber ich werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln hüten: vor Hetze und vor der Unentschlossenheit.

9.      Nur für heute werde ich fest glauben – selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten -, dass die gütige Vorsehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemand auf der Welt.

10.   Nur für heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders werde ich keine Angst haben, mich an allem zu freuen, was schön ist, und an die Güte zu glauben.

Äbtissin Petra Articus, Seligenthal: Aus einer Fastenmeditation